16.12.2010
Nerze gehören nicht in den Käfig und ihr Fell nicht in den Kleiderschrank
Landtagsrede zu TOP 28: Umsetzung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung für Pelztiere
Anfang September befreiten Tierschützer mehrere Tausend Nerze aus einer Pelztierfarm im Kreis Schleswig-Flensburg. Die meisten Tiere wurden rasch wieder eingefangen, einige hundert starben. Immer wieder machen solch spektakuläre Aktionen Schlagzeilen, das Problem einer artgerechten Haltung lösen sie aber nicht. Im Gegenteil − Tierhalter und Tierschützer stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die einen sprechen von Terroranschlägen auf ihre Betriebe, die anderen von Mord an der unschuldigen Kreatur.
Nerze gehören zur Familie der Marder. Sie leben in freier Natur in einem Revier von rund 20 Quadratkilometern − sowohl an Land als auch im Wasser. Ihr Fell ist daher dicht und wasserabweisend, ein idealer Pelz eben. In Pelzfarmen leben sie in Käfigen von 95 mal 30 mal 45 Zentimetern, auf Drahtböden und ohne die Möglichkeit zu schwimmen. Eine artgemäße Bewegung und das Ausleben angeborener Verhaltensweisen wird ihnen somit versagt. Tiere, die aus der Gefangenschaft entweichen, zeigen in freier Natur wieder ihre angeborenen Verhaltensweisen, die ihnen im Käfig verwehrt wird.
Wir Grüne lehnen die Haltung von Pelztieren ab. Dennoch möchte ich betonen, dass ich das Freilassen von Nerzen aus Pelztierfarmen auch jenseits der strafrechtlichen Relevanz nicht gutheiße. Zum Einen werden eine ganze Reihe dieser „befreiten Tiere“ nur kurze Freude an ihrem Leben in Freiheit haben, denn viele werden überfahren oder kommen auf andere Weise schnell zum Tode. Die Tiere, die überleben, richten Schäden im Ökosystem an, beispielsweise durch das Vernichten von Vogelbruten. Obwohl der in Gefangenschaft gehaltene amerikanische Nerz bei uns nicht heimisch ist, ist er sehr wohl überlebensfähig. Am Westensee soll sich bereits eine stabile Population eingerichtet haben. Welche längerfristigen Folgen durch diese „Faunenverfälschung“ entstehen, lässt sich nur schwer schätzen.
In Schleswig-Holstein gibt es derzeit drei Pelztierbetriebe, die im vergangenen Jahr 41.000 Tiere hielten. Ab Dezember 2011 gelten strengere Haltungsvorschriften, nach denen den Tieren in Gruppenhaltung mindestens ein Quadratmeter, in Einzelhaltung mindestens drei Quadratmeter Platz gegeben werden muss. Zusätzlich sollen sie ab Dezember 2016 eine Schwimm- oder Sandbademöglichkeit erhalten. In einem Gespräch, das wir mit dem Pelztierzüchterverband führten, wurde deutlich, dass dieser die neuen Regelungen ablehnt. Die Pelztierhalter halten die neuen Vorschriften schlicht für nicht umsetzbar. Die Zucht und Haltung sei danach nicht mehr rentabel. Heute kostet ein Fell etwa 26 Euro, nach der Umstellung wird mit Kosten von rund 430 Euro gerechnet. Für einen Mantel benötigt man bis zu 50 Felle. Man werde daher gegen den Vollzug der neuen Haltungsregelungen klagen, hieß es.
Mit unserem Antrag fordern wir daher die Landesregierung auf, mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass die neuen – wie ich finde immer noch nicht weit genug gehenden Haltungsvorschriften – tatsächlich umgesetzt werden. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage wurde deutlich, dass Kontrollen durch die zuständigen Veterinärbehörden vor allem anlassbezogen durchgeführt werden. Diese Anlässe sind aus unserer Sicht im Frühjahr 2011 beim Aufstallen der Jungtiere sowie im Dezember 2011 bei der dann notwendigen Umstellung gegeben.
„Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Dieser Grundsatz wird im Tierschutzgesetz festgeschrieben. In Paragraf 2 wird festgelegt, dass „wer ein Tier hält […] die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken [darf], dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.“
Ein schicker Pelzmantel ist kein „vernünftiger Grund“, die Haltung von Nerzen nicht artgerecht. Deshalb gilt: Nerze gehören nicht in den Käfig und ihr Fell nicht in den Kleiderschrank!
zurück