27.04.2016
Der FDP-Antrag entbehrt jeder Grundlage
Für Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren ist der Schutz von Nord- und Ostsee ein hochrangiges Anliegen.
Die unmittelbare Zuständigkeit des Landes endet zwar an der 12-Seemeilen-Grenze, dahinter beginnt die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ), für die der Bund zuständig ist. Das heißt aber nicht, dass uns der Meeresschutz ab 12,1 Seemeilen vor der Küstenlinie egal sein kann.
Für Schweinswale, Seevögel und Fische sind Verwaltungsgrenzen relativ belanglos. Die Natur im Nationalpark Wattenmeer und an unseren Küsten von Nord- und Ostsee steht selbstverständlich in vielfältigen Wechselbeziehungen mit der Meeresnatur jenseits der 12-Seemeilen-Grenze. Insbesondere in den Fällen, wo ein direkter räumlicher und funktionaler Zusammenhang mit Schutzgebieten des Küstenmeeres gegeben ist.
Zum Beispiel der Lebensraum von Schweinswalen: Das im Jahr 1999 vor der Insel Sylt als Bestandteil des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer eingerichtete Schweinswal-Schutzgebiet ist für die Fortpflanzung dieser Tiere als Kalbungs- und Paarungshabitat von großer Bedeutung. Mit dem Natura 2000 - Gebiet „Sylter Außenriff“ findet es seewärts der 12-Seemeilen-Grenze seine Fortsetzung.
Denn, liebe FDP, das wird sie enttäuschen: AWZ bedeutet zwar „Ausschließliche Wirtschaftszone“, dies bedeutet aber nicht, dass da nur noch wirtschaftliche Interessen zählen und andere gesellschaftliche Belange zurückzustehen hätten. Im Gegenteil: Es gibt dort einige für den internationalen Artenschutz sehr wichtige Schutzgebiete.
Der Bund hat diese Gebiete zwar vor Jahren schon an die EU gemeldet, es aber seitdem bisher versäumt, konkrete Schutzgebietsverordnungen und Managementpläne zu erlassen. Es gibt sie bisher quasi nur auf dem Papier. Jetzt droht ein Vertragsverletzungsverfahren.
Der Bund ist nicht nur gegenüber der EU, sondern auch im Rahmen der Meeresschutzübereinkommen HELCOM (für die Ostsee) und OSPAR (für die Nordsee) verpflichtet, diese Gebiete wirksam zu schützen.
Es wird höchste Zeit, dass der Bund seinen Verpflichtungen für einen effektiven Schutz der Gebiete nachkommt. Dies geht nicht ohne Nutzungseinschränkungen und ja, auch die Fischerei ist davon betroffen. Aber nur ein kleiner Teil der Fischerei und auch nur in relativ kleinen Teilen der Gebiete.
Warum hier die Krabbenfischerei angeblich besonders betroffen sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Die findet zu annähernd 95 Prozent nicht in der AWZ, sondern im Bereich des Küstenmeeres statt.
Nach Informationen des WWF sind von dem vom Bund vorgesehenen Verbot grundberührender Fanggeräte im mittleren Bereich des „Sylter Außenriffs“ deutlich weniger als ein Prozent der deutschen Krabbenfischerei betroffen.
In vielerlei Hinsicht sind die Vorschläge des Bundes nicht weitgehend genug. Das betrifft andere Nutzungen als die Fischerei. Zum Beispiel werden keine Aussagen zur C02-Lagerung oder Fracking getroffen und es fehlt die Berücksichtigung des Schutzes von Schweinswalen durch Lärmbelastung, um nur einige Beispiele zu nennen.
Die FDP hat sich leider nicht die Mühe gemacht, sich mit der Materie etwas vertraut zu machen. Der Antrag ist völlig unkonkret und undifferenziert, ohne den Zusammenhang darzustellen und ohne jegliche Begründung. Sie differenzieren nicht zwischen Nord- und Ostsee, sie sagen weder, um welche Gebiete es ihnen geht, noch um welche konkreten Schutzmaßnahmen oder um welche Art der fischereilichen Nutzung.
Im Übrigen ist der Antrag auch deshalb völlig überflüssig, weil die Landesregierung bezüglich der Vorschläge des Bundes bereits Stellung bezogen hat. Ich gehe davon aus, dass Ihnen das bekannt sein dürfte. Dies war auch in der Presse zu lesen.
Wir fordern in unserem Änderungsantrag, zielgenaue Regelungen zu treffen. So können die Rifflebensräume geschützt werden, ohne die Krabbenfischerei mehr als erforderlich einzuschränken.
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